Die Prinzessin kommt um vier

  • Stuttgarter Zeitung
  • 25 January 2010
  • Irene Ferchl

Kostbarkeiten: Stuttgart ist mit seiner Antiquariatsmesse für drei Tage wieder der Nabel der bibliophilen Welt.

"Schätze ohne Vitrinen - Meisterwerke zum Anfassen", so preist der Verband Deutscher Antiquare das Angebot seiner 49. Stuttgarter Antiquariatsmesse. Man sollte das freilich nicht wörtlich nehmen. Denn die beiden Stundenbücher aus dem 15. Jahrhundert mit ihren farbenprächtigen Miniaturen, die Heribert Tentschert für 300 000 und 480 000 Euro zum Verkauf anbietet, wird keineswegs jedermann, sondern höchstens der Käufer durchblättern dürfen.

Auch Martin Luthers eigenhändiger Brief wird natürlich nur hinter Glas bewundert werden können. Geschrieben hat er ihn am Tag seiner Abreise zum Augsburger Reichstag am 4. Oktober 1518 als eine Art Testament, denn er war dort als Ketzer angeklagt, und bei Verweigerung des Widerrufs drohte ihm die Todesstrafe. Der Reformator verspricht darin seinen Wittenberger Freunden, standhaft zu bleiben und nicht zu widerrufen. Präsentiert wird das aus einem Bostoner Nachlass stammende Autograf für 280 000 Euro gemeinsam von den Antiquaren Inlibris aus Wien und Kotte Autographs aus Roßhaupten.

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