Literarisch und theologisch bemerkenswert

  • Fränkische Landeszeitung
  • 15. Februar 2008
  • Werner P. Binder

Literarische Spurensuche (56): Simon Gerengel, ein Exulant auf Burgbernheims Kirchenkanzel

Ein Theologe, Dichter und Dramatiker der Reformationszeit – Kostbare Bücherrarität

BURGBERNHEIM – Für das Burgbernheimer Stadtarchiv wäre der in Schweinsleder gebundene Sammelband eine echte Zierde. Immerhin gehörte er einmal einem Bürger der Gemeinde. Aber teure Bücher zählen in unseren Tagen nicht zur kommunalen Infrastruktur, und ein Schnäppchen ist das Angebot nun wirklich nicht: Schlappe 22 000 Euro verlangt ein Wiener Antiquariat für die 25 Reformationsschriften aus dem Besitz Simon Gerengels.

Unter Fachleuten ist das Stück wohl seinen Preis wert, denn geliefert wird allererste literarische Qualität aus der Frühzeit des Protestantismus. Die Verfassernamen der hier vereinigten über 450 Jahre alten Drucke lesen sich wie das Who is Who der Reformation und des Humanismus: Erasmus von Rotterdam, Martin Luther, Andreas Althamer, Andreas Osiander, Philipp Melanchthon, um nur die bekanntesten zu nennen. Mit Argula von Grumbach zählt auch eine der wenigen publizistischtätigen Frauen jener Zeit zum Autorenkreis der Sammlung.

Wie handschriftliche und gedruckte Besitzvermerke ausweisen, hat der Theologe Simon Gerengel die Schriften zusammengetragen. Gerengel amtierte von 1563 bis 1565 als erster evangelischer Pfarrer in Burgbernheim. Gegen Ende seiner Tätigkeit in dem Marktflecken an der Frankenhöhe muss er den Entschluss gefasst haben, seine reiche Sammlung reformatorischer Texte zu einem Buch binden zu lassen.

Das Kompendium im Quartformat, das jetzt als Rarität im Antiquariatshandel aufgetaucht ist, erinnert an einen Gottesmann, über den es noch 1936 in einem Aufsatz hieß: "Sein Name soll im Frankenland nicht vergessen sein!" [...]