Rezension: Ich kenne den Zauber der Schrift (Germanistik)

  • Germanistik
  • 1 December 2007

Rezension in: Germanistik 48 (Dez. 2007) 1/2, S. 433, Nr. 2936
Rezensentin: Susanne Buchinger, Mainz

Ich kenne den Zauber der Schrift.

Die über 40 Jahre leidenschaftlich gepflegte Beschäftigung mit Handschriften war für den österreichischen Erfolgsautor Stefan Zweig (1881-1942) nicht bloß elitäre "Autographenhamsterei", sondern Anstoß für eigenes schriftstellerisches Wirken, da er mit Hilfe der (nicht selten kostspieligen) Werkmanuskripte einen Einblick in den geheimnisvollen Prozeß künstlerischen Schaffens zu erhalten hoffte. Ein Katalog hätte seiner einzigartigen Sammlung mit den Schwerpunkten Literatur, Musik und Geschichte objektive Würdigung verliehen, doch ließ sich das seit den 20er Jahren mehrfach in Angriff genommene Projekt nicht abschliefßen. Nach 1933 änderten sich die Lebensbedingungen des passionierten jüdischen Sammlers einschneidend, so daß er im Londoner Exil - bis auf wenige Lieblingsstücke - das Gros seiner Sammlung 1936 durch einen Wiener Antiquar versteigern ließ. Wesentliche Teile befinden sich heute im Besitz der Fondation Martin Bodmer, der British Library und des österreichischen Theatermuseums. Diese "unsichtbare Sammlung" hat O. Matuschek jetzt rekonstruiert, indem er erstmals fast 1000 Autographen aus Zweigs Besitz in einem ausführlich erläuterten, reich illustrierten Katalogteil sammelt und 23 wegweisende Aufsätze Zweigs zum Handschriftensammeln kommentiert voranstellt. In der auf unveröffentlichtem Material basierenden Einführung wird die spannende Geschichte der Sammlung im Kontext von Zweigs wechselvoller Biographie und Werkgeschichte noch einmal lebendig - ein weiteres Desiderat der Zweig-Forschung ist eindrucksvoll bearbeitet worden.